Neuigkeiten
Akademische Freiheit SCRIPTS Forschungsprojekt
Zwischen dem 1. September 2021 und dem 1. September 2024 arbeiteten Mattias Kumm und Kriszta Kovács am SCRIPTS-Projekt „Science Friction: Patterns, Causes and Effects of Academic Freedom Contestations“. Das Projekt kombinierte die disziplinären Perspektiven der internationalen Beziehungen und der vergleichenden Politik mit dem Verfassungsrecht, um die wachsende Anfechtung der akademischen Freiheit weltweit zu analysieren, zu bewerten und zu erklären.
Das primäre Ergebnis des Projekts ist die Sonderausgabe der Zeitschrift Global Constitutionalism (Cambridge University Press) mit dem Titel „Academic Freedom: Global Variations in Norm Conceptualization, Diffusion, and Contestation“, herausgegeben von Kriszta Kovács und Janika Spannagel. Akademische Freiheit ist ein grundlegender Wert, der die Freiheit der Wissenschaft sowie den freien Austausch und die Erweiterung des menschlichen Wissens fördert. Dennoch ist sie weltweit im Rückgang begriffen. Die Sonderausgabe untersucht, was akademische Freiheit bedeutet, wie sie sich auf globaler Ebene unterscheiden kann, wie sich die Norm auf der Welt verbreitet und wie die aktuellen Auseinandersetzungen aussehen. Zu den Autoren gehören die Mitglieder des Science Friction-Teams und externe Forschungsmitarbeiter, die an der internationalen Konferenz teilgenommen haben, die 2023 gemeinsam mit der sozialwissenschaftlichen Fakultät der ELTE-Universität und SCRIPTS in Budapest organisiert wurde.
Mattias Kumm erörtert in seinem Beitrag, wie und warum akademische Freiheit in liberalen Demokratien wichtig ist und welche Herausforderungen heute bestehen. Kriszta Kovács untersucht die Rolle der europäischen supranationalen Gerichte beim Schutz der akademischen Freiheit in Zeiten zunehmender Autokratisierung und demokratischer Rückschritte.
Neben den wissenschaftlichen Beiträgen gaben die Forscher Interviews (siehe z.B. hier), erstellten Publikationen zum Wissenstransfer (siehe z.B. hier und hier) und nahmen an verschiedenen Podiumsdiskussionen zur akademischen Freiheit teil, wie z.B. während der Berlin Science Week.
Verfassungsblog Debatte "Never Again"
In Zusammenarbeit mit Mattias Kumm und Liav Orgad veröffentlichte der Verfassungsblog im Juli/August 2024 die Debatte „Never Again: The Holocaust, Trauma and Its Effect on Constitutional and International Law“.
Verfassungen werden durch historische Narrative und kollektive Erinnerungen geprägt. Historische Traumata wirken sich auf nationale und internationale Gesetze sowie auf politische Maßnahmen aus. Die Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen nachfolgender Generationen sowohl von Täter- als auch von Opfergruppen spielen eine Rolle bei der Herausbildung gesellschaftlicher und politischer Vorstellungen darüber, was eine gerechte und faire Ordnung erfordert. Das Blog-Symposium befasst sich mit den verfassungsrechtlichen und rechtlichen Verpflichtungen, Orientierungen und Argumenten, die das Trauma des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts hervorgebracht haben, und mit der Frage, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert haben.
Die Autoren des Symposiums zeigen den ausweichenden Charakter des „Nie wieder“ auf. Joseph Weiler zufolge bietet gerade die Unspezifität des „Nie wieder“ einen Schutzschirm, unter dem praktisch jeder Schutz finden und ihn für seine edlen oder ruchlosen Ziele nutzen und missbrauchen kann. David Abraham behauptet, dass es für Juden heißt: „Nie wieder – für uns“, nicht „Nie wieder – für irgendjemanden“. Aber für ihn sind sowohl die jüdische als auch die westliche Version eurozentrisch.
Die Autoren zeigen auch auf, welchen Einfluss das „Nie wieder“ auf die verfassungsrechtlichen und internationalen Agenden hat. Udo Knapp stellt dar, wie das deutsche Grundgesetz dieses Narrativ verankert und wirft die Frage auf, ob die Regierung nicht zu wenig tut, um sicherzustellen, dass die „Nie wieder“-Demokratie nicht gefährdet wird. Uladzislau Belavusau zeigt, wie das „Nie wieder“-Trauma das Migrations- und Staatsbürgerschaftsrecht in Israel, Portugal und Deutschland beeinflusst hat. Kim Lane Scheppele erinnert den Leser an die Auswirkungen des „Nie wieder“ auf das internationale Menschenrechtsrecht, von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 bis hin zum Recht des Völkermords und der Kriegsverbrechen. Barak Medina sagt, dass das Trauma von Auschwitz in Israel „die düstere Erinnerung an Nationen auf der ganzen Welt schafft, die ihre Türen für jüdische Flüchtlinge schlossen“.
Nicht zuletzt eröffnet das Symposium neue Perspektiven und wirft weitere Fragen auf. So argumentiert Gilad Hirschberger, dass ein historisches Trauma „nicht nur eine schwache Erinnerung ist, sondern ein lebendiger Prozess, der aktuelle Emotionen, Verhaltensweisen und Politiken prägt … die Vergangenheit ist niemals tot.“ Olga Ametistova erörtert den Fall Russlands und die wechselnden Interpretationen der Bedeutung der Traumata des Zweiten Weltkriegs. Pratap Mehta analysiert, wie in Indien Überlegungen zum Faschismus und zum Holocaust, als einem Phänomen, das mit dem europäischen Ethnonationalismus und dem europäischen Imperialismus zusammenhängt, die Politik und die Debatten beeinflusst haben, und wirft angesichts des Phänomens des Hindu-Nationalismus in der Gegenwart die unbequeme Frage nach der Verbindung zwischen jeder Art von Ethno-Nationalismus und Faschismus auf. Hualing Fu erörtert die „Nie wieder“-Imperative in China und stellt eine Verbindung zu den Erzählungen über das „Jahrhundert der Demütigung“ her, die das moderne Verfassungsrecht in China geprägt haben. Yaniv Roznai erörtert Mexiko, dessen „Nie wieder“-Konstitutionalismus sich auf die Notwendigkeit bezieht, die Pressefreiheit als „direkte Antwort auf die während des Ancien Régime eingeführte Inquisitionszensur“ zu schützen.
In Kürze erscheinend: "Global Canons in an Age of Uncertainty"
Welche Faktoren haben den Konstitutionalismus zu einer globalen Erfolgsgeschichte gemacht? Welche "best practices" gibt es und welche Konzepte, Doktrinen und institutionellen Praktiken sind angesichts der Verfassungsgrundsätze, die sie widerspiegeln sollen, unzureichend?
Dieser Frage widmet sich das in Kürze bei Oxford University Press erscheinende Buchprojekt von Mattias Kumm, Sujit Choudhry und Michaela Hailbronner.
Das Buch will die Disziplin des vergleichenden Verfassungsrechts entprovinzialisieren, sowohl in Hinblick auf thematische und geografische Schwerpunkte als auch auf die Diversität der Autor*innen. "Global Canons in an age of Uncertainty: Debating Foundational Texts in Constitutional Democracy and Human Rights“ wirft einen neuen Blick auf ein breites Spektrum grundlegender Fragen des Verfassungsrechts, wobei traditionelle Rechtsordnungen in den Hintergrund rücken und thematisch neue Grenzen ausgelotet werden.
Book Launch - The Jurisprudence of Particularism
Am 23. Oktober um 17 Uhr wird das Institut für Europäisches und Internationales Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien die Buchvorstellung von Kriszta Kovács' neuem Buch "The Jurisprudence of Particularism" veranstalten. Das Buch stellt die Frage, ob in einer verfassungsmäßigen Demokratie Raum für Partikularismus besteht, der die Umsetzung des EU-Rechts einschränken würde.
Prof. Christoph Grabenwarter, Präsident des VfGH, wird eine Begrüßungsrede halten.
Die Herausgeber und Autoren
• Assoc. Prof. Kriszta Kovács, WZB Global Constitutionalism / ELTE Universität
• Dr. Miluše Kindlová, Dozentin an der Karls-Universität Prag
• Prof. Monika Polzin, Wirtschaftsuniversität Wien
• Assist. Prof. Michał Ziółkowski, Universität Kozminski Warschau
werden ihre Kapitel vorstellen.
Prof. Konrad Lachmayer (Sigmund-Freud-Universität) wird eine Kommentierung des Buches abgeben. Die Moderation erfolgt durch Prof. Markus Böckenförde (Central European University Wien).
Global Constitutionalism Colloqium geht in die Pause!
Unser zweiwöchentliches Colloquium ist in die Winterpause gegangen und wir bedanken uns bei allen Teilnehmer*innen.
Diese Teilnehmer*innen, welche ihre Projekte vorgestellt haben, beinhalten unter anderem: Alec Stone Sweet, Hiroshi Motomura, Marin Kilanoswki und Micheline Ishay.
Wir sind nach dem Winter wieder da!
Jakob Zollmann: Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties
Jakob Zollmann hat einen Eintrag in der Max Planck Enzyklopädie of International Procedural Law veröffentlicht. Dort bearbeitet er das Thema Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties.
Online Workshop: Solange 50th Anniversary
Am 12. und 13. Januar 2023 veranstalten wir in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg einen Online-Workshop zum 50. Jahrestag des Solange-Urteils.
Weitere Informationen, Anmeldung und die Liste der Panels finden Sie auf der Veranstaltungsseite.
Academic Freedom - Conceptualisation, Contestations and Constitutional Challenges
Am 09. und 10. Februar 2023 veranstalten wir in Budapest zusammen mit der ELTE Universität und SCRIPTS eine Podiumsdiskussion über akademische Freiheit. An der Diskussion werden unter anderem Mattias Kumm und Kriszta Kovács teilnehmen.
Der Workshop zielt darauf ab, den Inhalt der akademischen Freiheit als liberale Norm zu untersuchen und Strukturen ihrer Rechtfertigung und Bekämpfung zu untersuchen. Zunächst werden die Entstehung der akademischen Freiheit, ihre Verbreitung und ihre Entwicklung als globale und regionale Norm untersucht. Anschließend werden die individuellen Dynamiken und Ursachen der Bekämpfung sowie die rechtlichen und politischen Strategien des Widerstands in der ostmitteleuropäischen Region näher beleuchtet.
Die Veranstaltung findet auf englisch statt. Sie ist öffentlich, aber die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Um sich anzumelden, senden Sie bitte bis zum 31. Januar 2023 eine E-Mail an hilde.ottschofski [at] wzb.eu.
Für weitere Informationen, Panels und Teilnehmer*innen folgen Sie bitte dem Link im Titel.
"Perspektiven nach dem Ukrainekrieg" - Mattias Kumm
Das neue Buch von Mattias Kumm et al "Perspektiven nach dem Ukrainekrieg - Europa auf dem Weg zu einer neuen Friedensordnung?" ist erschienen. Er bearbeitet hierbei das Kapitel "Der Ukrainekrieg und die Zukunft der internationalen Rechtsordnung". Hierbei argumentiert er, dass eine Unterstützung der Ukraine nicht ausreicht. Die Internationale Rechtsordnung bedarf grundlegender Reformen, wenn sie als Friedensordnung taugen soll.
Mattias Kumm ist neben Julian Nida-Rümelin, Erich Vad, Albrecht von Müller, Werner Weidenfeld und Antje Vollmer Autor des Buches. Das Buch ist im Herder Verlag erschienen.
Kriszta Kovác veröffentlicht Sammelbandbeitrag: Facing the Shadows of the Past during Transitions: The Role of the Constitutions in the Case of Hungary
Kriszta Kovács trägt in ihrer neusten Veröffentlichung zu Cheng-Yi Huangs Sammelband "Constitutionalizing Transitional Justice" (Routledge, 2022) bei. Hierbei setzt sie sich mit Ungarn auseinander, und erforscht den Einfluss Ungarns Geschichte auf Transitional Justice.
Das Buch wird am 11. November 2022 veröffentlicht.
Cheng-Yi Huang ist Angehöriger der Academia Sinica.
Dieter Gosewinkel ist Kurator einer neuen Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin
Dieter Gosewinkel zur Ausstellung "Staatsbürgerschaften. Frankreich, Polen, Deutschland seit 1789": „Staatsbürgerschaft ist eine Verheißung von Gleichheit – und sie produziert zugleich Ungleichheit, indem sie ein Innen von einem Außen trennt. Diese fundamentale Ambivalenz prägt die Staatenwelt seit der Französischen Revolution. Dies wird gezeigt anhand der Geschichte Frankreichs, Polens und Deutschlands, dreier Länder, die über ihre Grenzen und staatliche Zugehörigkeit existentielle Konflikte austrugen, bevor sie, symbolisiert durch die europäische Unionsbürgerschaft, zu politischer Kooperation fanden. Staatsbürgerschaften entstehen aus Kämpfen um Zugehörigkeit, die Emotionen wecken. Dafür will die Ausstellung den Blick schärfen.”
Das Deutsche Historische Museum zeigt die Ausstellung "Staatsbürgerschaften. Frankreich, Polen, Deutschland seit 1789" vom 1. Juli 2022 bis zum 15. Januar 2023.
"Struggles for Belonging" erschienen
Das neueste Buch von Dieter Gosewinkel "Struggles for Belonging: Citizenship in Europe, 1900-2020" ist kürzlich bei Oxford University Press erschienen. Wir gratulieren!
Über unsere Forschung
Die Forschungsprofessur untersucht das Recht im Kontext der Globalisierung. Dabei ist die Leitfrage, wie das Verhältnis von Rechtlichkeit, Demokratie und Menschenrechten im globalen Kontext gedacht und institutionell ausgestaltet werden muss, um das selbstbestimmte Leben von freien und gleichen Individuen zu ermöglichen, und wie entsprechend das positive Recht interpretiert, fortentwickelt und verändert werden soll. Ein Forschungsschwerpunkt betrifft die Analyse des Rechtspluralismus, der sich aus konkurrierenden Autoritätsansprüchen und fehlender hierarchischer Integration verschiedener Rechtsetzender und anwendender Institutionen ergibt. Andere Forschungsschwerpunkte befassen sich mit der Theorie und Praxis des Konstitutionalismus und der Menschenrechte und ihren historischen Bezügen.