Demonstration der Anständigen am 2.2.2025 in Berlin
Sophie von Seidlein
Discussion Paper

Proteste wirken

Anfang 2024 ging eine Protestwelle gegen Rassismus durch Deutschland, ausgelöst durch die Correctiv-Recherchen. Doch welchen Einfluss hatten die Demonstrationen auf nachfolgende Wahlen? Eine WZB-Studie zeigt nun für den Ausgang der Europawahl: Dort, wo antirassistische Proteste stattfanden, büßte die AfD an den Wahlurnen knapp ein Prozent ein.

In ihrer Studie haben WZB-Forscher Lennart Schürmann und Meret Stephan (European University Institute) zwei große Wellen antirassistischer Proteste in Deutschland und deren Wirkung auf Wahlen untersucht: die Proteste nach dem Hanau-Attentat 2020 und jene nach Bekanntwerden eines Geheimtreffens rechtsextremer Kreise Anfang 2024.

Die Mobilisierung vor der Bundestagswahl 2021 erhöhte tatsächlich die Stimmenanteile der damals migrationsfreundlichen Partei der Grünen. In Kreisen oder kreisfreien Städten mit Protesten gewann die Partei über zwei Prozent Stimmen, was auf die Proteste zurückzuführen ist. Die AfD verzeichnete dagegen einen Rückgang um über ein Prozent.

Bei der Europawahl 2024 sehen die Forscher*innen andere Ergebnisse. Auch hier senkten antirassistische Proteste den Stimmenanteil der AfD. Allerdings konnten die Grünen diesmal nicht von der Protestmobilisierung profitieren. Einen möglichen Grund dafür sehen die Forscher*innen in der veränderten, nun deutlich migrationskritischeren Haltung der Grünen, vor allem seitdem sie auf Bundesebene in der Regierungsverantwortung sind. „Die Grünen haben ihre Rolle als Verbündete der Antirassismus-Proteste in den Parlamenten verloren. Dies wurde teilweise auch so auf den Protesten kommuniziert und schlägt sich in den Wahlergebnissen nieder“, erklärt Meret Stephan.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Proteste Menschen aktivieren können, ihr Wahlverhalten zu ändern“, fasst Lennart Schürmann zusammen und ergänzt: „Protest ist ein effektives Instrument, um für eine offene Gesellschaft einzustehen.“

31.01.2025 CR