Civil society and protest. The history of the environmental movement in Germany between 1945 and 1980 with the example of Bavaria
Die Doktorarbeit beschäftigt sich mit Zivilgesellschaft und Protest anhand der Geschichte der Naturschutz- und Umweltbewegung in Bayern zwischen 1945 und 1980. Vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlicher und -politischer Veränderungen werden zentrale Konfliktfelder und Akteure untersucht. Es handelt sich dabei um die Bereiche Wasserkraft, Atomkraft und Tourismus sowie den Bund Naturschutz in Bayern, den Touristenverein Die Naturfreunde, den Deutschen Alpenverein sowie Bürgerinitiativen, v.a. aus dem Bereich der Anti-AKW-Bewegung.
Fragestellung:
Es wird eruiert, unter welchen Gegebenheiten Umweltfragen zu zentralen gesellschaftlich-politischen Anliegen wurden. Im Mittelpunkt steht die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Etablierung von Themen in der öffentlichen Diskussion und bei deren politischer Umsetzung. Zentral ist dabei das Handeln der Naturschutz- und Umweltbewegung in Konfliktsituationen. Schwerpunkte liegen auf Beweggründen und Handlungsstrategien der verschiedenen Akteure, ihren Interaktionen, den strukturellen Rahmenbedingungen sowie auf Ergebnissen und Auswirkungen ihres Handelns.
Methode:
Methodisch wird das Konzept der Zivilgesellschaft mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen zur Erklärung kollektiven Handelns verbunden. Es wird an die Forschung zu sozialen Bewegungen (Netzwerktheorie, Gelegenheitsstruktur, framing, relative Deprivation) sowie an Theorien zum Umgang mit Kollektivgütern angeschlossen. Zentrales methodisches Instrument ist die empirisch-qualitative Quellenanalyse von zeitgenössischer Publizistik und Archivmaterial. Ergänzend wurden semi-strukturierte Interviews mit Zeitzeugen geführt.
Erste Ergebnisse:
Umwelt als gesellschaftlich-politisches Problem ist ein Konstrukt, das erst dann mobilisierende Kräfte entfalten kann, wenn neben materielle Zerstörungen die Wahrnehmung tritt, dass ein Problem einen nicht mehr hinzunehmenden Zustand erreicht hat. Die steigende Relevanz des Umweltthemas sowie der Wandel der primären Trägergruppen des Natur- und Umweltschutzes von eher konservativen zu alternativ-linken Kreisen beruht daher neben Veränderungen der politischen Gelegenheitsstruktur auf dem gesellschaftlichen Wertewandel bei öffentlicher Meinung und Eliten. Die Beschäftigung mit Umweltthemen erreichte dabei zwar Anfang der 1970er Jahre einen Höhepunkt, doch wird gezeigt, dass auch der Naturschutz der 1950er Jahre in Einzelfällen ein hohes Mobilisierungspotential entfaltete, vor allem bei Konflikten um den Bau von Wasserkraftwerken.