Mehr Geld für Schulen in den ärmsten Nachbarschaften
Kinderarmut verteilt sich in Deutschland sehr ungleich. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), in der erstmals für die Einzugsgebiete aller Grundschulen die Kinderarmutsquoten berechnet wurden. Demnach liegen die meisten Schulen mit einem hohen Anteil armer Kinder in Nordrhein-Westfalen und in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin. Bayern und Baden-Württemberg weisen den geringsten Anteil an Grundschulen mit hoher Kinderarmut auf. In der Studie berechnet WZB-Forscher Marcel Helbig auch, welche Mittel jedes Bundesland bekäme, wenn das von der Ampelkoalition geplante Startchancenprogramm diese Armutsquoten zur Grundlage der Verteilung nehmen würde.
In seiner Studie hat Marcel Helbig die Armutsquoten in den Einzugsbereichen aller öffentlichen Schulen mit Grundschulzweig zugrunde gelegt und zeigt, wie die Mittel des Startchancenprogramms verteilt werden müssten, wenn man allein die Armutsquoten im schulischen Umfeld heranzieht. Die Kinderarmutsquote gibt Auskunft über den Anteil der Schülerinnen und Schüler, deren Eltern SGB-II-Leistungen (heute „Bürgergeld“) beziehen.
Zuletzt wurden Bundesmittel für Schulen – etwa für das Programm „Aufholen nach Corona“ – nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt. Dieser orientiert sich an der Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft der Bundesländer. Da sich Schulen mit hohem Anteil armer Kinder aber nicht gleichmäßig über die Bundesländer und Landkreise verteilen, sei dieser Schlüssel wenig zielführend, meint WZB-Forscher Marcel Helbig. Er schlägt stattdessen vor, die Armutsquote als Grundlage der Mittelverteilung zu nehmen. „Die Verteilung der Gelder wäre ungleicher, aber fairer. Die Mittel würden die Schulen erreichen, die sie am dringendsten brauchen“, sagt er.
Würde der Bund über das Startchancenprogramm ausschließlich die Schulen mit dem höchsten Anteil armer Kinder fördern, erhielten Bayern und Baden-Württemberg nur einen Bruchteil der geplanten Mittel. Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt würden dagegen deutlich stärker profitieren als bisher angenommen. Das gilt auch für Schulen in größeren Städten: Sie bekämen mehr Geld als Schulen auf dem Land. Nur Brandenburg bildet eine Ausnahme. Hier würden Schulen in ländlichen Räumen mehr Mittel aus dem Startchancenprogramm erhalten, wenn sich diese an den Kinderarmutsquoten orientierten.
„Studien und kommunale Bildungsberichte zeigen immer wieder, dass mit steigendem Anteil armer Kinder an einer Schule oder in der Nachbarschaft die Bildungsergebnisse an diesen Schulen schlechter sind. Es liegt daher nahe, vor allem diese Schulen zu unterstützen“, sagt Marcel Helbig.