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Bernhard Ludewig
Forschungsgruppe
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Mobilität und Verkehr sind große gesellschaftliche Herausforderungen. Im Mittelpunkt steht das Automobil. Es galt lange Zeit als das Versprechen für privates Glück und berufliches Fortkommen. Selbstbeweglich, ohne Fahrplan, individuell und eigensinnig unterwegs zu sein, gehört zum Kern der Selbstbeschreibung moderner Gesellschaften.

Die Mobilitätsgrundlage der freiheitlich demokratischen Wohlstandsgesellschaft erodiert allerdings. Das alte Modell, die Freizügigkeit von Mensch und Gut maximal zu erhöhen und die Widerständigkeit des Raumes zu minimieren, um ein hohes Maß an persönlicher Freiheit und volkswirtschaftlicher Prosperität zu ermöglichen, funktioniert so nicht mehr. Die Innovationsfähigkeit der Automobilindustrie bleibt von einer hohen Pfadabhängigkeit gekennzeichnet, alternative Antriebe und hochautomatisierte Assistenzsysteme alleine bieten keine Aussichten auf eine neue ökonomisch nachhaltige Beweglichkeit. Aus ökologischer Sicht ist der Verbrauch an Ressourcen zu hoch. Staus und Pendlerverkehr werden als belastend empfunden. Lebens- und Arbeitsformen jenseits des entfernungsintensiven Lebens der Massenmotorisierung sind in Ansätzen erkennbar. Wie kann eine sozial gerechte und klimaneutrale „postautomobile Gesellschaft“ aussehen und welche Hemmnisse stehen dieser Transformation im Wege?

Das Programm der Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“ hat drei Ankerpunkte:

  • Empirische Ermittlung der Distanzierungen zum privaten Automobil: Wie weit ist dieser Prozess bereits tatsächlich fortgeschritten und welche Rolle spielen dabei insbesondere digitale Plattformen? Wie entwickeln sich Lebensentwürfe und damit verbundene Mobilitätspraktiken in ländlichen im Kontrast zu städtischen Räumen? Wie entwickelt sich die Dialektik zwischen räumlicher und sozialer Mobilität unter den Bedingungen der Digitalisierung?
  • Interventionen in die politische Regulierung des Verkehr und des öffentlichen Raumes: Wie kann man die Pfadabhängigkeit der herrschenden Governance-Strukturen örtlich und temporär auflösen und Freiräume für neue soziale Praktiken schaffen? Kann man politisches Handeln auf Probe ermöglichen, um neue Regeln auszuprobieren? 
  • Konsolidierung des theoretischen Bezugsrahmens für eine Soziologie der Transformation: Die Techniksoziologie hat bisher ein profundes Wissen über Prozesse der technischen Einschreibung sozialer Dynamiken generiert. Sie hat  aber noch wenig Kenntnis darüber, wie fundamentale Technikstrukturen zu erodieren beginnen: Wie kann die Dynamik technischer sowie sozialer Transformationen erfasst und verstanden werden?