The Politics of Datafication. Zu einer geschlechtersoziologischen Machtanalyse digitaler Datentechnologien
Digitale Datentechnologien und die von ihnen gesammelten, generierten, gespeicherten und verarbeiteten Daten werden zunehmend bedeutsam für den Vollzug des Sozialen und die Reproduktion der Gegenwartsgesellschaft (siehe zuletzt Mämecke et al. 2018; Houben/Prietl 2018). Wenngleich immer wieder Fälle publik werden, die demonstrieren, dass weder digitale Daten noch die sie verarbeitenden Technologien objektiv und neutral sind (Stichwort: sexistische oder rassistische Diskriminierung von Algorithmen), stellt eine systematische Machtanalyse bislang ein Desiderat dar. Dieses soll im Vortrag in zwei Schritten aufgegriffen werden. Erstens, werden die bereits vorliegenden, jedoch heterogenen wie verstreuten Hinweise auf eine Verflechtung von digitalen Datentechnologien mit sozialen Macht- und Herrschaftsverhältnissen systematisch sondiert. Zweitens, werden analytisch-konzeptionelle Überlegungen zur Diskussion gestellt, wie eine (geschlechtersoziologische) Machtanalyse digitaler Datentechnologien angelegt sein könnte. Dabei werden digitale Datentechnologien als ‚Techniken und Verfahren der Wahrheitsfindung‘ im Anschluss an Foucault als zentrale Elemente gegenwärtiger Macht/Wissens-Verhältnisse konzipiert. Letztere werden feld- und intersektionalitätstheoretisch weiter gedacht, um sie sozialtheoretisch zu fundieren. Plädiert wird damit für eine Analyse, die im Unterschied zur viel zitierten Metapher des Panopticons auf die Verstreutheit, Uneinheitlichkeit und potentielle Konflikthaftigkeit digitaler Machtrelationen fokussiert und derart offen sowohl für die Fortschreibung etablierter Herrschaftsstrukturen ist wie für deren Abbau oder Verschiebung.
Dr. Bianca Prietl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der TU Darmstadt.
Kommentar: Dr. Hannah Fitsch, TU Berlin, Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG)