Traumbilder in einer illuminierten Dichtung
Joe Ramirez und seine Gold Projections: Vermilion
Traumbilder, Poesie, Innehalten: Im Pierre Boulez Saal ist am 19. Juni die Premiere der neuen Gold Projections von Joe Ramirez zu sehen, in dem er sich – initiiert vom WZB – mit dem Thema „Altes Europa, Neues Europa“ auseinandergesetzt hat. Traumbilder sind es, wie sie auch der Autor W. G. Sebald in Die Ringe des Saturn beschreibt: „Wahrscheinlich sind es verschüttete Erinnerungen, die die eigenartige Überwirklichkeit dessen erzeugen, was man im Traum sieht. Vielleicht ist es aber auch etwas anderes, etwas Nebel- und Schleierhaftes, durch das hindurch, paradoxer-weise, im Traum alles viel klarer erscheint.“
Ramirez hat eine enge Bindung zu Berlin: Seit 2007 lebt und arbeitet der amerikanische Künstler in der Hauptstadt. Sein Studio in einer ehemaligen Schulturnhalle ist auch die Heimat der Gold Projections. Hier hat Ramirez die Verbindung von Malerei und bewegten Bildern geschaffen. Er bringt dabei seine Erfahrungen als Autor und Regisseur in einen aufwendigen, aus dem Mittel-alter stammenden Vergoldungsprozess ein. Diese Methoden hat er mittlerweile patentiert. Lagen von Gold werden auf mit Stoff be-spanntem Holz aufgetragen, in die speziell behandelte Oberfläche eingedrückt. Es entstehen massive, handgefertigte, konvexe Scheiben: runde Empfangsschirme für stille, aber bewegte Bilder. Die Gold Projections werden auf diese schwebenden Lichtgemälde an jedem Ende der abgedunkelten Ellipse des Pierre Boulez Saals projiziert, Gestaltung und Struktur von Frank Gehrys Formen so aufgegriffen und gespiegelt. Die neu gefertigten Goldscheiben spielen im Tandem ihre Filmsequenzen ab, wirken gleichsam als atmende, „sich bewegende Fresken“. Durch die Verschmelzung von Malerei und Film schafft Ramirez eine einmalige künstlerische Performance, in der er eine neue Filmsprache erfindet und gleichzeitig aus der Historie des gemalten Bildes schöpft. Die heute erstmals gezeigten Sequenzen mit dem Titel Vermilion wurden eigens für den 50. Geburtstag des WZB geschaffen und gedreht.
Joe Ramirez studierte Malerei und Film an der School of the Art Institute of Chicago und Bildhauerei am Royal College of Art in London. Die Initialzündung zu seinen Gold Projections erhielt der Künstler, als er bei der Restaurierung der Sixtinischen Kapelle im Vatikan die Deckengemälde Michelangelos aus der Nähe betrachten und erleben durfte.
Ramirez schreibt: „Das neue Werk Vermilion feiert das Jubiläum des WZB. Vermilion ist das englische Wort für Zinnober, das alte rote Pigment: Dieses zeitlose Rot ist unser Pfad durch Südeuropa. Die Reise beginnt jetzt. Unsere Wahrnehmungen werden in einer Höhle zum Leben erweckt und führen zu einer mythischen Küste. Wir sind alle zu diesem Band aus Zeit und Licht eingeladen.“
Hier finden Sie Joe Ramirez' Poem zu den Gold Projections (PDF) .
18. Juni 2019