Untracked or off-track? Ungleichheiten in den Bildungschancen und Gesamtschulen in Deutschland

Abstract

Soziale Bildungsungleichheiten sind ein fester Bestandteil der modernen Gesellschaften. Doch der Grad, in dem individuelle Bildungsergebnisse von sozialer Herkunft beeinflusst sind, variiert in institutionellen Kontexten (Blossfeld and Shavit 1993; Erikson and Jonsson 1996; Breen et al. 2009). Die in Deutschland vorhandene relativ starke Bildungsungleichheit ist oft auf die starre Struktur des Schulsystems zurückzuführen, wo die Schüler und Schülerinnen schon früh in verschiedene Schulformen geleitet werden, die die Grenzen ihrer künftigen Bildungswege definieren. In den letzten Jahren haben eine Reihe von Reformen Flexibilität in das deutsche Differenzierungssystem eingeführt mit dem Ziel, die Ungleichheit der Bildungschancen zu reduzieren. Insbesondere könnte die zunehmende Zahl der Gesamtschulen als Alternative zu den traditionellen Schulformen neue Bildungschancen für Schüler und Schülerinnen aus benachteiligten Verhältnissen bieten. Allerdings wissen wir relativ wenig über den Zugang zu Gesamtschulen und über die Konsequenzen, die der Besuch dieser Schulform für Kompetenzentwicklung und Bildungserwerb hat. Ziel des beantragten Projektes ist zu untersuchen, ob, für wen und unter welchen Kontextbedingungen Gesamtschulen Bildungschancen erhöhen können. Im Speziellen wird zum einen untersucht, welche individuellen und institutionellen Faktoren den Zugang zu Gesamtschulen beeinflussen, und zum anderen, ob der Besuch dieser Schulform die Chancen auf Kompetenzentwicklung und einen Sekundarschulabschluss verbessert. In beiden Forschungsschritten wird besonderes Augenmerk auf die Heterogenität der Effekte zwischen verschiedenen Leistungsstufen und sozialem Hintergrund gelegt. In diesem Zusammenhang soll das Projekt auch zur Klärung der Frage beitragen, ob Gesamtschulen dem (bildungspolitischen) Ziel gerecht werden, die gegebene starke Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem zu reduzieren. Das Projekt konzentriert sich auf die Schülerinnen und Schüler, die in den Jahren 2010/11 erstmals eine Gesamtschule besuchten. Dafür werden Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) analysiert. Die Startkohorten 3 und 4 werden abgeglichen, um ein erweitertes Panel mit Schülerinnen und Schülern der 5. bis 13. Klasse zu erhalten.