Hintergründe des Menschenhandels in Nigeria
Was nehmen Menschen aus Afrika auf sich, um nach Europa zu kommen? Welche Risiken gehen sie ein? Noch wissen wir zu wenig darüber, unter welchen Umständen Menschen aus afrikanischen Ländern migrieren und wann sie sogar bereit sind, sich auf eine von Menschenhändler*innen organisierte und finanzierte Ausreise einzulassen. Zum 30. Juli, am internationalen "Welttag gegen Menschenhandel", stellen wir eine neue WZB-Studie zum Menschenhandel in Nigeria vor.
"Nicht einfach naiv: Gründe und Hintergründe des Menschenhandels in Nigeria", heißt der Beitrag der WZB-Forscher*innen Tamara Bogatzki und Daniel Meierrieks, der in den aktuellen WZB-Mitteilungen erschienen ist. Er beruht auf einer Studie aus dem Projekt „Transnational Perspectives on Migration and Integration“ (TRANSMIT).
In dem Projekt wurden in den Jahren 2021 und 2023 insgesamt rund 2.700 zufällig ausgewählte Nigerianer*innen im nigerianischen Bundesstaat Edo befragt. Unter welchen Umständen sind Menschen bereit, ihre Arbeitskraft oder ihren Körper zu verkaufen, um als Gegenleistung in den reichen Norden auswandern zu können? Entscheiden sich Migrationswillige bewusst für diesen Deal, oder werden sie mit falschen Versprechungen gelockt?
Menschenhandel ist in Edo verbreitet
Die Ergebnisse der Studie:
▶ Menschenhandel ist in Edo verbreitet. 24 Prozent der Befragten kennen jemanden, der oder die sich auf Menschenhandel eingelassen hat oder im Ausland in der Prostitution gearbeitet hat, um die Familie in Nigeria zu unterstützen.
▶ Während 35 Prozent der Männer bereit sind, auf das Angebot von Menschenhändlern einzugehen, sind es bei den Frauen 13 Prozent.
▶ Die Einschätzungen der Befragten unterstreichen ein hohes Bewusstsein für die mit dem Menschenhandel verbundenen Risiken. Sie deuten nicht darauf hin, dass die Befragten systematisch fehlinformiert sind.
Arme Menschen sind eher betroffen
Zusammenfassend widersprechen die Ergebnisse dem Bild potenzieller Migrant*innen, die aus Naivität und Unwissen Menschenhändler*innen zum Opfer fallen. Der sozioökonomische Hintergrund der Befragten spielt eine große Rolle: Die Zustimmung zu Menschenhandel als Mittel zur Migration ist besonders groß unter jenen Befragten, die aus armen Haushalten kommen und nur niedrige Bildungsabschlüsse haben. Die Politik könnte hier ansetzen, schreiben die WZB-Forscher*innen, indem sie auf Verbesserung der Lebensbedingungen in Nigeria hinwirkt und indem sie legale Migrationsmöglichkeiten auch für ärmere und geringer qualifizierte Personen großzügiger gestaltet.
Seit 2014 gibt es den Welttag gegen Menschenhandel
Seit 2014 rufen die Vereinten Nationen jährlich am 30. Juli den "Welttag gegen Menschenhandel" aus. "Der Aktionstag setzt ein Zeichen gegen Ausbeutung und nimmt auch die Menschen in den Blick, die im Zuge globaler Migrationsbewegungen Opfer von Menschenhandel werden", erklärt die Bundeszentrale für politische Bildung zu diesem Tag.
27.7.24, kes