Freie Wege, freie Räume
Wie frei können Menschen ihren Alltag gestalten und ihre Bedürfnisse umsetzen, wenn sie bestimmte Orte oder Menschen nicht erreichen können - weil etwa kein Bus fährt, sie kein Geld für eine Fahrkarte haben oder die Verwandten im Ausland leben? Beim Workshop an der Europaschule Neubrandenburg wurde deutlich, mit wie vielen anderen Themen Mobilität noch verknüpft ist – wie soziale Ungleichheit und Migration. So berichteten viele Kinder der 4. Klasse, dass sie ihre Verwandten im In- und Ausland gern öfter und unkomplizierter besuchen würden.
Mobilität beschreibt grundsätzlich – so die Arbeitsdefinition im Workshop – die Möglichkeiten, die wir wahrnehmen und nutzen, um uns von A nach B bewegen. Schnell geht es dabei auch um die Aufteilung von öffentlichen Flächen und dem Straßenraum. Um sich diesem Thema zu nähern, führten die beiden Mobilitätsforscherinnen Juliane Haus und Theresa Pfaff eine Blitzumfrage mit den Kindern durch: Wer wohnt wie weit weg von der Schule? Und wie kommt ihr dorthin? So wurde für die Kinder greifbarer, wie Sozialforschung eigentlich funktioniert – erstmal müssen Daten gesammelt werden. Später waren die Kinder eingeladen, die räumlich Umgebung um ihre Schule nach ihren Wünschen umzugestalten. Fußballplatz statt Parkplatz oder Wiese statt Klassenzimmer? Die beiden Forscherinnen beobachteten bei dieser Übung, dass die Kinder oft „sozial erwünschte“ Antworten gaben. Obwohl sie eingeladen waren, aus ihrer ganzen Kreativität zu schöpfen, fiel es ihnen oft schwer, sich Alternativen zu Autos und Parkplätzen überhaupt vorzustellen und sich eigene Freiräume zu schaffen.
Auch Schranken, die von Eltern oder der Familie gesetzt werden, spielten in Bezug auf Mobilität und Bewegungsfreiheit der Kinder eine Rolle: Ein Mädchen erzählte, dass ihre Eltern ihr sie außerhalb der Schulzeiten nicht draußen mit Freunden spielen lassen und sie nach der Schule stets direkt nach Hause gehen muss. Eine Freundin sagte daraufhin zu ihr: „Wenn Du nicht frei sein kannst, dann kannst Du doch kein Kind sein.“ Zu diesem Konflikt ist auch ein Trickfilm entstanden, in dem die Freundinnen das Mädchen abholen und draußen heimlich ein gemeinsames Abenteuer erleben – ein selbst geschaffener Freiraum.