Innovatives Stadtlicht. Zur kulturellen Konstruktion der LED-Technologie (Promotionsprojekt)

Abstract

Die Entwicklung hochtechnologischer Neuheit geschieht in der Regel hinter verschlossenen Türen in Forschungslaboren und in Werkstätten. Bevor ein neues Produkt ins Licht der Öffentlichkeit tritt, hat es Teststrecken durchlaufen und zahlreichen Prüfungen standgehalten. Der nächste Schritt ist dann oftmals eine Anwendung auf Probe. Doch was passiert, wenn eine neue Technologie auf die Alltagsabläufe ihrer Nutzer trifft? Welche Probleme dabei auf und nach welchen Kriterien werden Vorzüge und Nachteile bewertet, mit welchen Konsequenzen für die weitere Technikentwicklung? Diesen Fragen gehe ich in meinem Promotionsprojekt „innovatives Stadtlicht“ nach. Am aktuellen Beispiel einer neuen Beleuchtungstechnologie, der Licht Emittierenden Diode (LED), untersuche ich die Funktion öffentlicher Technikexperimente im Innovationsgeschehen.

Die LED bildet dabei einen im doppelten Wortsinn illustren Forschungsgegenstand. Die Marktreife der kleinen Leuchtdioden im Bereich öffentlicher Beleuchtung versetzt die Lichtindustrie in helle Aufregung. Denn die neuen Leuchtmittel basieren auf Halbleitertechnologie, die Spezialwissen auf Seiten der Hersteller erfordert, etwa im Bereich Elektronik. So drängen mit der LED auch zahlreiche neue Wettbewerber in den Lichtmarkt und bringen traditionelle Hersteller unter Zugzwang.

Doch die strahlkräftigen Chips eröffnen auch neue Möglichkeiten für die Gestaltung nächtlicher Städte. Im untersuchten Fall der Beleuchtung öffentlicher Räume eignen sie sich beispielsweise – viel eher als herkömmlichen Leuchtmittel – für digitale, dimmbare und interaktiv steuerbare Lösungen, so genanntes „intelligentes Licht“. Die LED verspricht außerdem Energieeinsparungen und bei guter Lichtqualität dank einer verbesserten Farbwiedergabe. Dennoch verhalten sich städtische Entscheidungsträger der LED gegenüber oftmals zögerlich. Die neue Technologie ist teuer, ungewohnt und vor allem im städtischen Kontext noch weitgehend unerprobt. Niemand möchte das Risiko der Erstanwendung tragen, andererseits möchte auch niemand der technischen Entwicklung hinterherhinken.

Städte setzen daher vermehrt auf eine testweise Anwendung von LEDs im Bereich öffentlicher Beleuchtung. Sie installieren die Leuchtdioden in ausgewählten Straßen, überprüfen Messwerte und testen die öffentliche Reaktion. Doch nicht alle Effekte und Erkenntnisse dieser öffentlichen Experimente werden im Zuge der technischen Weiterentwicklung zur Kenntnis genommen. Insbesondere ortspezifische Erfahrungen oder Nutzungsverhalten in nächtlichen öffentlichen Räumen finden wenig Berücksichtigung. Dabei legen doch sozialwissenschaftliche Technikstudien (STS) nahe, dass die Technikentwicklung auch außerhalb der Labore nicht aufhört, sondern dass technische Artefakte vielmehr erst in der Nutzung ihre soziale Bestimmung und Bedeutung finden oder dabei auch modifiziert werden können.

Vor diesem Hintergrund liegt mein Fokus auf der Interaktion von Experten, Laien und Technik in jeweils lokalspezifischen Situationen der LED-Erstanwendung. Geplant sind zwei ethnografische Fallstudien, die erste davon in Lyon. Die französische Stadt gilt als herausragendes Beispiel im Bereich städtischer Lichtplanung. Wo, wenn nicht hier, werden lokale Beleuchtungspraktiken, Wahrnehmungsweisen und stadtspezifischer Lichtkultur einen Einfluss auf den Verlauf von öffentlichen LED-Experimenten und ihre Auswertung haben?

Das Projekt knüpft an meine Beobachtungen im Kontext der Studie "Schauplätze des Neuen – innovative Lichttechnik auf Messen und Festivals" an.